Ziel
Mit dieser Übung wird das Hören und Wahrnehmen der je anderen Geschichten
und Perspektiven geübt. Dies kann dabei unterstützen, eigene
Sozialisationsprozesse bewusster wahrzunehmen und zu verstehen.
Rahmen
- 30 Minuten
- beliebig
- ggf. Zettel und Stifte
Ablauf
In einer Einzelübung reflektieren die Teilnehmenden individuell Fragen zu ihren
biografischen Erfahrungen, wie z.B. zum Thema Geschlecht:
● Wie hast du als Kind/Jugendliche:r Erwartungen an dein Geschlecht
wahrgenommen?
● Wie ging es dir mit den Erwartungen? Warst du einverstanden oder
unzufrieden?
● Hast du erfahren, was es bedeutet, sich nicht geschlechtsrollenkonform
zu verhalten? Hättest du gern Dinge ausprobiert, die für dein
Geschlecht nicht vorgesehen waren?
Nach der Einzelübung finden sich die Teilnehmenden zu zweit zusammen und
tauschen sich in einem Reflexionsspaziergang über die Erfahrungen aus, über die
sie sprechen möchten. Der:die andere hört zu, ohne Kommentar, d.h. ohne
Zwischenfragen und ohne assoziatives Mitsprechen. Danach erfolgt ein Gespräch
im Plenum.
Auswertung
Im Anschluss werden im Plenum folgende Fragen (mit Bezug auf das Thema
Geschlecht) besprochen:
● Wie war es, über deine/Ihre Erfahrungen in der Gruppe zu sprechen?
Inwiefern war deine/Ihre Geschichte gefärbt durch soziale Erwartungen
an dein Geschlecht?
● Was hast du/haben Sie über die Sozialisation bezüglich Geschlecht und
sexuellen Begehren durch das Zuhören gelernt (von den Geschichten
der anderen)?
Anwendung auf pädagogische Arbeit mit Kindern
Kinder haben noch nicht so viel Lebenserfahrung, um rein reflexiv zu arbeiten,
wie diese Methode es vorgibt. Mit Kindern ist die Arbeit im Hier und Jetzt
hilfreich. Die Idee, gemeinsam über Geschlechterrollen ins Gespräch und in eine
kreative und kritische Bearbeitung zu kommen, ist auch mit Kindern umsetzbar.
Gespräche können mit Büchern wie z.B. „Puppen sind doch nichts für Jungen“
(Flamant/ Englebert), „Julian ist eine Meerjungfrau“ (Jessica Love) oder „Disco“
(Angel/ Dürr) angestoßen werden. Meinungen über Geschlechterrollen können
mittels eines Standogramms ermittelt und ausgetauscht werden. Biografiearbeit
kann auch forschend über Fotos von Familienmitgliedern als Kinder entwickelt
werden. Kinder kommen in den Austausch darüber, wie Mädchen und Jungen
früher und heute angezogen sind, welchen Aktivitäten sie nachgehen, was ihnen
offen steht und was nicht.
Quelle: Leah Carola Czollek, Gudrun Perko, Corinne Kaszner, Max Czollek:
Praxishandbuch Social Justice und Diversity. Theorien – Training – Methoden –
Übungen (vollständig überarbeitete und erweiterte 2. Auflage), Weinheim/Basel:
Beltz/Juventa 2019.